Einblick in die Gesellschaft und Politik Oklahomas – Eine Reise nach Tulsa
Eine Mitarbeiterin des Bundestagsabgeordneten Pierre Lamely nahm im Rahmen des politischen Austauschprogramms „Beyond Washington 2025: Understanding the U.S. Heartland“ an einer Studienreise in die Vereinigten Staaten von Amerika teil. Das Programm bietet Teilnehmern die Möglichkeit, politische Strukturen, gesellschaftliche Entwicklungen und die Innenpolitik der USA näher kennenzulernen sowie wertvolle internationale Erfahrungen zu sammeln.
Das Austauschprogramm von „Cultural Vistas“ hat das Ziel, die transatlantischen Beziehungen zu stärken, indem es den Mitarbeitern von Bundestagsabgeordneten ermöglicht, mit Amerikanern jenseits der politischen Zentren und der Hauptstadt in Kontakt zu treten.
Im Folgenden ein kurzer Reisebericht:
Die diesjährige Studienreise von Cultural Vistas fand vom 10. August 2025 bis 16. August 2025 in Tulsa, Oklahoma statt. Dieser 8-tägige Austausch zielte darauf ab verschiedene politische, soziale und wirtschaftliche Aspekte der Region zu verstehen und zu erleben.
Besonders hervorzuheben sind dabei die politischen Strukturen, die sozialen Herausforderungen und das allgegenwärtige Thema der Waffenrechte, die eine bedeutende Rolle im Leben vieler Oklahomaner spielt.
Unsere Reise begann am Sonntag, den 10. August, mit der individuellen Ankunft in Tulsa, einer Stadt im Nordosten des Bundesstaates Oklahoma. Tulsa, mit ihren rund 411.000 Einwohnern, ist eine Stadt, die stark von ihrer Vergangenheit geprägt ist, insbesondere durch den Ölboom zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese historische Entwicklung hat die wirtschaftliche und kulturelle Struktur von Tulsa nachhaltig beeinflusst. Besonders beeindruckend war der Besuch des Gathering Place, eines modernen Freizeitparks, der das symbolische Herz Tulsas darstellt und als eines der bedeutendsten städtischen Projekte in den USA angesehen wird. Doch abgesehen von seiner schönen Natur und den Freizeitmöglichkeiten bietet Tulsa auch tiefgreifende politische und soziale
Herausforderungen, die durch die Gespräche und Begegnungen während der Woche noch klarer wurden.
Am Montag, dem 11. August, begannen wir das Programm mit einer Einführung durch Bob Lieser, den Senior Director der Tulsa Global Alliance. Bei der Führung durch das „History of Tulsa Museum“ erhielten wir einen umfassenden Überblick über die spannende Geschichte der Stadt – von den indigenen Ursprüngen der Creek-Indianer über die Ölboom-Jahre bis hin zur modernen Entwicklung als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum. Die Ausstellung zeigte eindrucksvoll, wie Tulsa sich im Laufe der Zeit wandelte und welche Herausforderungen und Chancen die Stadt prägten.
Besonders aufschlussreich war unser Gespräch mit Suzanne Schreiber, Abgeordnete im Repräsentantenhaus von Oklahoma. Sie erläuterte die politischen Herausforderungen des Bundesstaates, insbesondere in den Bereichen Bildungspolitik und Infrastrukturentwicklung. Oklahoma kämpft mit einem Bildungsdefizit und Problemen bei der Anbindung ländlicher Gebiete an moderne Infrastruktur. Der politische Diskurs ist stark von der Republikanischen Partei geprägt. Charity Linch, Vorsitzende der Republikanischen Partei Oklahomas, erklärte die strategischen Ziele der GOP, die in einem konservativ geprägten Staat wie Oklahoma Themen wie wirtschaftliche Entwicklung, niedrige Steuern und eine stärkere Marktwirtschaft in den Vordergrund stellt.
Der Bürgermeister von Tulsa, Monroe Nichols IV, sprach über seine Vision einer Stadt, die auf nachhaltiger Entwicklung, sozialer Gerechtigkeit und Inklusion basiert. Tulsa befindet sich in einer Phase der Veränderung, in der der Fokus nicht nur auf der Ölindustrie liegt, sondern auch auf Technologie und den grünen Energien. Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es auch hier Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die soziale Integration von Minderheitengruppen, darunter Afroamerikaner und indigene Völker und die Eindämmung der Obdachlosigkeit.
Am Mittwoch, dem 13. August, trafen wir uns mit Matt Pinnell, dem stellvertretenden Gouverneur von Oklahoma. Pinnell, der sich stark für die wirtschaftliche Entwicklung des Bundesstaates einsetzt, sprach über die Prioritäten seiner Amtszeit und die aktuellen politischen Initiativen Oklahomas. Besonders betonte er die Bemühungen der Regierung, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur, insbesondere in ländlichen Regionen, zu verbessern. Er erklärte, dass der Staat trotz seiner konservativen Werte und der dominanten republikanischen Führung stets bemüht ist, auch innovative Ansätze in Bereichen wie Technologie und erneuerbare Energien zu fördern.
Das nächste Highlight war eine Tour auf der Flying “G” Ranch, die uns einen Einblick in die landwirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Region gab. Während des Besuchs wurden nicht nur die landwirtschaftlichen Praktiken vorgestellt, sondern auch die enge Verbindung der Ranch zur Geschichte und Identität Oklahomas.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir bei unseren Gesprächen und Besuchen in der Stadt und im Bundesstaat erlebten, war das Thema der sozialen Ungleichheiten. Besonders deutlich wurde dies bei der Unterstützung der Food Bank of Eastern Oklahoma, die sich für die Versorgung Bedürftiger einsetzt. Armut und soziale Ungleichheit sind in Oklahoma weit verbreitet, was sich in den Systemen der Gesundheitsversorgung und der Bildung widerspiegelt. Der Besuch der Victory Christian School zeigte uns, wie stark religiöse Werte das Bildungssystem beeinflussen, wobei Privat- und religiös orientierte Schulen eine größere Rolle spielen als öffentliche Schulen. Der Bildungsmangel in vielen ländlichen Regionen bleibt eine der größten Herausforderungen, die den sozialen Aufstieg vieler Oklahomaner erschwert.
Ein äußerst informatives Gespräch führten wir mit Don Spencer, Präsident der Oklahoma Second Amendment Association, über Waffenrechte. In Oklahoma, wie in vielen südlichen und westlichen Staaten, wird das Recht auf Waffenbesitz als fundamentale Freiheit betrachtet. Das Second Amendment der US-Verfassung ist tief in der amerikanischen Kultur verankert. Spencer erläuterte, wie stark das Thema in der politischen und sozialen Landschaft des Bundesstaates verankert ist. In Oklahoma gibt es kaum Einschränkungen beim Waffenbesitz, was regelmäßig politisch und gesellschaftlich diskutiert wird. Die ProWaffen-Lobby erhält breite Unterstützung von konservativen Politikern und der republikanischen Basis, wobei Waffenrechte auch als Frage der Sicherheit und des Selbstschutzes für viele Einwohner gelten.
Während der Woche in Tulsa hatten wir auch die Gelegenheit, mit der National Guard Oklahoma zu sprechen. Die Nationalgarde spielt eine entscheidende Rolle in der Sicherheit und im Katastrophenschutz des Bundesstaates, besonders bei Naturkatastrophen wie Tornados oder Überschwemmungen, die in Oklahoma häufig vorkommen. Aber auch in sozialen Krisensituationen, wie bei Protesten oder Unruhen, ist die Nationalgarde eine wichtige Institution.
Wir hatten auch die Gelegenheit an einem besonders wertvollen interkulturellen Austausch teilzunehmen. Im Rahmen des Programms verbrachten wir den Abend mit einer lokalen Familie, die uns im Rahmen der sogenannten „Home Hospitality“ zu einem Abendessen einlud. Diese Gelegenheit bot uns einen einzigartigen Einblick in das Leben der Einwohner und half uns, die sozialen und kulturellen Dynamiken der Stadt auf einer persönlicheren Ebene zu verstehen.
Die Woche in Tulsa war eine aufschlussreiche Reise, die einen tiefen Einblick in die politischen, sozialen und kulturellen Herausforderungen eines der zentralen Staaten der USA bot. Die politische Landschaft in Oklahoma ist vor allem von konservativen, republikanischen Werten geprägt, die sich in der Haltung zum Waffenrecht und den wirtschaftlichen Zielen widerspiegeln. Gleichzeitig bleiben die sozialen Herausforderungen in Bereichen wie Bildung, Armut und sozialer Integration weiterhin ungelöst. Besonders hervorzuheben ist die Bedeutung des Second Amendments und wie es sowohl politisch als auch gesellschaftlich in Oklahoma und darüber hinaus als grundlegendes Freiheitsrecht wahrgenommen wird. Diese Erfahrungen haben unser Verständnis für die Region und ihre komplexen Probleme vertieft und gezeigt, wie sehr Politik, Kultur und Geschichte miteinander verflochten sind.



